Von Marcus Schulze.
Jena. Die Volleyballer des VSV Jena 90 werden auch in der kommenden Saison in der 3. Liga spielen. Wie sich ihre Play-down-Begegnung gegen den MTV München gestaltete, wie sich Trainer Christian Schumann in den Stunden vor der Partie fühlte, wer den alles entscheidenden Punkt erzielte und welches Problem Außenangreifer André Marchal kurz vor der wichtigen Begegnung plagte, erfahren Sie hier. Und dann war da ja auch noch das kurzweilige Flunkyball-Turnier – wer es für sich entscheiden konnte, erfahren Sie ebenfalls hier…
André Marchal waltete seines Amtes – und so brach der Außenangreifer in den Diensten des VSV Jena 90 zu der mobilen Box am Spielfeldrand auf, um sich mit ihr über sein Smartphone zu verbinden. Marchal hat das Amt des Kabinen-DJs inne und versorgt daher seine Volleyball-Amigos mit musikalischer Kost – und zwar in jeder Lebenslage.
Mit wirrem Haar stand er nun an der Box, sodass Außenstehende hätten vermuten können, dass im nächsten Moment Gitarrenarmeen der Marke Pantera, Iron Maiden oder Metallica mit ihrem brachialen Sound die große Halle erfüllen werden. Doch dem war nicht so. Bei weitem nicht. Marchal, der von allen nur Bobby genannt wird, griff auf ein gar geselliges Stück aus seiner Heimat Berlin zurück, Lokalkolorit halt – und so kredenzte der digitale Händler der Emotionen „Atzin“ des Berliner Party-Rap-Duos Frauenarzt und Manny Marc aus dem Jahr 2010. Holprige und von jeglicher Doppelbödigkeit befreite Reime breiteten sich da am Montagabend im Sportkomplex Lobeda-West aus….
So oder so, alle Zeichen standen da zu fortgeschrittener Stunde bei den Volleyballern des VSV Jena 90 auf Stimmung und gute Laune – und das wiederum hatte einen handfesten Grund: Nur ein paar Minuten zuvor hatten sie ihre Play-down-Begegnung gegen den MTV München gewonnen und somit am vorletzten Spieltag der Saison 2021/22 ihren Verbleib in der 3. Liga sichern können. Da brauchte niemand etwas Melancholisches aus der Abteilung Weltschmerz. Stattdessen hatte die Leichtigkeit des Seins Konjunktur…
Zu besagter Leichtigkeit hatte in jenen Momenten auch Christian Schumann wieder zurückgefunden. Naturgemäß war am Montagabend eine enorme Last vom VSV-Trainer abgefallen, als über den künftigen Werdegang seines Teams positive Gewissheit herrschte. Im Laufe des Vormittag wiederum sei die Anspannung in ihm so nach und nach merklich gestiegen, berichtete der Trainer. „Ich glich einer offenen Selters; ich bin unruhig durch meine Wohnung von A nach B gelaufen. Ich wusste schlichtweg nicht wohin mit mir. Zum Glück musste ich am Nachmittag einem Freund beim Umbau der Sitzbank in seinem Bus helfen – das hat mich wirklich abgelenkt und hätte meinetwegen auch noch länger dauern können“, sagte Schumann, bevor er die Partie gegen die Volleyballer von der Isar auswertete…
Es sei zweifelsohne nicht das beste Spiel seines Teams heute gewesen, dafür habe er die gesamte Zeit über gemerkt, ja regelrecht gespürt, dass seine Mannen unbedingt gewinnen wollten. „Am Ende war es schlichtweg ein Akt des Willens“, resümierte der Trainer. Am Sieg seines Teams habe er in keinem Moment gezweifelt, was auch dem Umstand geschuldet gewesen sei, dass er an diesem vorletzten Spieltag auf einen äußerst umfangreichen Kader habe zurückgreifen können. „Fast alle sind zum Einsatz gekommen, und es war superwichtig, dass ich heute auf so viele verschiedene Spielertypen zurückgreifen konnte“, betonte Schumann.
Die Gastgeber um Kapitän Falko Ahnert konnten die ersten beiden Sätze der Begegnung mit 25:20 und 25:22 für sich entscheiden, mussten jedoch den dritten mit 19:25 an die Bajuwaren abtreten. Im vierten Satz wiederum konnte sich über weite Strecken keines der beiden Teams zwingend absetzen; ein Minimalvorsprung wurde nicht selten im Gegenzug egalisiert. Doch als sich der Punktestand der 20er-Marke näherte, konnten sich die Jenaer etwas absetzen und lagen schließlich mit drei Punkten (23:20) in Führung.
Da nun wechselte Christian Schumann erneut Diagonalangreifer Jens „Emma“ Ellmrich ein – und der Volleyball-Haudegen aus dem Erzgebirge, der schon in den Reihen diverser Teams stand, gab beim Betreten des Spielfelds den Motivator: „Los Jungs, jetzt hauen wir noch einen raus!“, sagte er zu seinen Mitstreitern…
Letztendlich war es Ellmrich höchstpersönlich, der den Punkt zum 24:20 und damit zum Satz- und auch Spielball erzielte. Mit einem breiten Grienen im Gesicht schnappte sich der 33-Jährige das leichte Leder, um sich der Angabe zu widmen. Doch aus dem Ass, das ein gewisser Paul Rüffer von der Bank aus von ihm einforderte, wurde nichts. Der Ball kam zurück und wechselte ein paarmal – nicht selten energisch – die Seiten, doch dann setzte Falko Ahnert, nach einem wunderschönen Zuspiel von Pepe Stauß, aus der zweiten Reihe zum finalen Schlag an. Ja, der Kapitän verweilte da eine kleine Ewigkeit in der Luft und packte wahrlich alles was er da so hatte, inklusive seiner Bad-Taste-Leggins, in diesen einen Schmetterball hinein – mit Erfolg: Die Münchener auf der anderen Seite des Netzes bekamen das Leder nicht mehr unter Kontrolle. Und das war’s…
„Ich habe einfach draufgehauen, wenn Pepe schon mal einen Pass spielt“, sagte der Kapitän nach der Partie, während er mit ein paar älteren Teamkollegen vor der Halle ausharrte und sich ein Lungenbrötchen gönnte. Stressabbau und so. Derweil verwandelten die jüngeren VSV-Akteure – Pepe Stauß, Bruno Bogatzki und Yannik Naumann – die Halle kurzweilig in eine Flunkyball-Arena. Zum juvenilen Trio gesellte sich noch Franz „der Kaiser“ Neumann, der bereitwillig den Berufsjugendlichen gab und sich mit den Jungspunden solidarisierte. Getreu dem Motto: Majestät brauchen Gerstensaft. Die Flunkyball-Partie wiederum konnte das Duo Bogatzki/Naumann dank seiner bestechenden Form für sich entscheiden…
Und der Kabinen-DJ? André Marchal wurde von der generischen Trainerin zum besten Spieler in den Reihen des VSV Jena gewählt – und diese Ansicht hatte Katharina Austen nicht exklusiv. „Er war heute einfach nur bärenstark“, sagte Schumann über seinen Außenangreifer, während sich Marchal auf der gegenüberliegenden Seite der Halle in die Musikbox einwählte.
Ach ja, vor dem Spiel hatte der Kabinen-DJ ein handfestes Problem: seine Haare. Um diese für die wichtige Partie wenigstens halbwegs zu bändigen, begab er sich auf die Suche nach einer entsprechenden Spange, doch es konnte ihm niemand helfen; nicht einmal bei den Zuschauerinnen wurde er fündig. Und so ergab sich an jenem Montagabend André „Bobby“ Marchal seinem Schicksal und griff gar entschlossen auf einen Haargummi zurück, sodass ein dezentes Zöpfchen sein Haupt die Partie über zierte…
„Andere waren vor der Partie hochgradig angespannt, André indes machte sich Gedanken über seine Haare – das musst du erst mal bringen. Er ist halt ein Freigeist“, sagte Christian Schumann und lachte gar herzhaft…
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