Im Rahmen unseres nächsten Auswärtsspieles bei der zweiten Herrenmannschaft des VC Gotha, wollen wir einen ganz speziellen Spielertyp in den Fokus der interessierten Öffentlichkeit rücken: Den indigenus patibulatus mediocritas (IPM) – Fachleuten auch als der einheimische, gemeine Mittelblocker bekannt. Von Spaßvögeln jedoch oft diskriminierend als der „Irre Prügler in der Mitte“ bezeichnet, ein Terminus von dem wir uns nicht weit genug nach außen distanzieren können.
Nun gibt es in der volleyballfokussierten Wissenschaft bereits genügend Werke, die sich mit besagtem Spielertypus auseinandersetzen – genannt hier nur die Standardwerke „Das Leben des Brian“, „Die Ritter der Kokosnuss“ und nicht zu vergessen die DDR-Klassiker „Die kommen außen immer noch durch“ und „Ich würd so gern mal dichtmachen“ – jedoch beschränken sich jene Werke lediglich auf die Beobachtung des Studienobjektes von einem externen Standpunkt aus. Schließlich hat der schwierige Dialekt der Mitten eine reibungslose Kommunikation bisher sehr erschwert.
Wir wollen nun mit unserem Beitrag hier eine Brücke schlagen, den uns ist es gelungen einen aktiven, lebenden Mittelblocker zum Interview zu laden. Wir versprechen uns neue bahnbrechende Erkenntnisse über diese faszinierende, aber auch verstörende Spezies.
Guten Tag Frankreas Wegmeidella (Ähnlichkeiten mit anderen, lebenden Personen wären wirklich ein erstaunlicher Zufall, oder?), vielen Dank, dass Sie sich bereit erklärt haben, uns für ein Interview zur Verfügung zu stehen.
IPM: Guten Tag, ich bin froh heute hier sein zu dürfen.
Sind sie sonst nicht zweimal pro Woche zum Training hier?
IPM: Äh…?
Wie auch immer. Kommen wir zu den Fragen. Was die geneigte Leserschaft wohl am meisten interessiert: Wie wird man denn ein Mittelblocker?
IPM: In der Regel ist es so, dass man als kleiner Knirps irgendwann mit Volleyball in Berührung kommt und dabei stehen Bretter im Vordergrund. Die Annahme- und Abwehrleute brauchen ein ordentliches Brett in der unteren Annahme und auch wir brauchen ein Brett. Und so wird in der Jugend der mit dem größten Brett Mittelblocker.
Sie meinen diejenigen, die eine große Spannweite und damit einen beachtlichen Block formen können, werden in der Jugend quasi in dieser Rolle gefördert?
IPM: Sagte ich das nicht eben?
Doch, doch. Wir wollten nur Missverständnisse vermeiden.
IMP: Ach so. Schön.
Sie sind also bereits in der Jugend dahingehend gefördert worden. Welche Hindernisse haben Sie auf Ihrem Weg überwinden müssen?
IPM: So einige. Die größten Probleme machen eigentlich die Zuspieler. Das ist echt ne fiese Gattung.
Interessanterweise planen wir für die nächste Woche einen ähnlichen Beitrag über Zuspieler, aber bitte fahren Sie fort.
IPM: Jo, die Zuspieler. Das ist schon ein schwieriges Verhältnis mit denen. Die eigenen Zuspieler ignorieren einen ständig, egal wie laut man sie beim Anlauf anbrüllt. Und die gegnerischen Zuspieler versuchen laufend einen zu verarschen. Versuch da mal die lieb zu haben. Echt schwierig.
Müssen Zuspieler aber nicht versuchen, alle Angreifer ins Spiel einzubinden?
IPM: Nein.

Wie nein?
IPM: Zuspieler wissen meistens nicht, was gut fürs Spiel ist. Außen- und Diagonalangreifer sind ja teilweise ganz nett anzuschauen, aber rummsen tuts nur in der Mitte.
Mit „rummsen“ meinen Sie sicherlich harte, präzise Angriffe?
IPM: Ja, auch. Hauptsache hart ist er.
Wer?
IPM: Na der Kontakt.
Mit wem? Dem Ball?
IPM: Sehen Sie: Als Mittelblocker hat man das ganze Spiel vor sich, man ist athletisch, gut gebaut, schnell und effektiv. Alles was uns stoppen kann, ist ein ignoranter Zuspieler.
Oder die Netzkante? Oder die hintere Wand?
IPM: Alles ein Zeichen innerer Kraft.
Wechseln wir das Thema. Wie ist Ihr Verhältnis zu den Liberi?
IPM: Liberi?
Der Plural von Libero.
IPM: Ach so, Sie meinen die Zwergmenschen. Die brüllen mich auch ständig an. „Duck Dich“, „Pfoten weg“, „Hau ab“, „Geh aufs Feld du Schnarchnase“, „Was war das denn für ein Aufschlag“. Nur solche Dinger. Das sind echt verkappte Zuspieler.
Nun, vielleicht agieren die Liberi so, weil Ihnen als Mittelblocker häufig Unaufmerksamkeit vorgeworfen wird?
IPM: Sorry, was, da war ein Hund!?
Nicht so wichtig. Kommen wir nun zum letzten größeren Streitthema. Mittelblocker im Aushilfszuspiel. Wie sind Ihre Erfahrungen mit dieser Thematik?
IPM: Ah, in der Tat ein wichtiger und häufig unterschätzter Aspekt des Mittelblockerspiels, der viel zu selten Beachtung findet. Es ist schließlich nicht einfach, direkt nach einem schnellen Block zu landen, sich umzudrehen in Position zu laufen und dann einen Überkopfpass über acht Meter zu spielen.
Wieso einen Überkopfpass? Wäre ein frontaler Pass nicht sicherer, einfacher und effizienter?
IPM: Darum geht es doch nicht. Mit diesem Aushilfszuspiel versuchen wir den gegnerischen Block auseinander zu ziehen.
Und die vielen technischen Fehler, die bei solchen Versuchen abgepfiffen werden?
IPM: Böswillige Fehlentscheidungen. Da ist sowieso irgendwas im Busch mit den Schiedsrichtern. Letztens hat einer gelacht, als ich von oben zugespielt habe.
Vielleicht hat er etwas Witziges außerhalb des Feldes beobachtet?
IPM: Nein, nach dem er abgepfiffen und sich ausgelacht hatte, schaute er mitleidig in meine Richtung.
Das zeugt aber von Empathie, oder?
IPM: Ich denke nicht, manche erkennen einfach keinen guten Volleyball.
Da gebe ich Ihnen Recht. Unser Interview neigt sich dem Ende. Lieber Herr Wegmeidella, ich danke Ihnen vielmals für die Bereitschaft zu diesem Interview.
IPM: Nichts zu danken. Ich hatte die Wahl zwischen Interview oder Liegestützen.
Wieso das?
IPM: Ich hab beim letzten Spiel über Kopf zugespielt.
Einen schönen Tag noch. Auf Wiedersehen.
Wie Sie sehen, werte Leserschaft, ist der uns so unbekannte IPM gar nicht so abstrakt wie bisher vermutet. Vielmehr leitet sich das Selbstverständnis dieser faszinierenden Spezies von einer recht abstrusen Selbsteinschätzung ab. Diese wird mit ein paar Verschwörungstheorien gepaart und dann garniert mit meckernden Mitspielern. Klingt fast nach Fußball, oder?
Update: Uns erreichten mittlerweile heftige Proteste, die uns allesamt vorwarfen, dass wir Mittelblocker „vermenschlichen“ würden. Gegen diese Proteste wollen wir energisch protestieren. All unsere Beobachtungen sind streng neutral, wissenschaftlich sondiert und nur anhand der reinen, unverfälschten Faktenlage entstanden. Zudem sind alle Mittelblocker, die wir persönlich kennen, feine Kerle. Wenn man sie in die richtige Richtung am Netz dreht.
Schlagwörter: Zweite Herren
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